
Schulisches Lernen soll nicht zuletzt mit dem Digitalpakt digitaler werden – Lernen mit Chatbots in der Schule passt perfekt zu diesem Ansatz. Chatbots ermöglichen eine flexibel anpassbare Lösung für zeitgemäßes, selbstorganisiertes Lernen. Sie können Materialien generell oder bei Bedarf bereitstellen, Inhalte kann technisch fast jede(r) erzeugen. Die technische Komplexität ist bei Chatbots weitgehend ausgelagert, man sieht sie nicht. Deshalb können Chatbots nicht nur von Lehrkräften „gefüllt“ oder kuratiert werden, sondern auch von Schülerinnen und Schülern. Auf diese Weise erschließt sich ein digitales Medium nicht nur durch die Nutzung, sondern auch durch die eigene kreative Arbeit damit. IT- und Medienkompetenz wachsen quasi nebenbei.
Chatbots gibt es aktuell noch nicht „fertig“ – also zum sofortigen Einsatz. Wenn sie aber über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden sollen, lohnt sich der Aufwand sie zu erstellen und zu füllen. Die aktuellen Möglichkeiten sind erst der Anfang – und Lehrende werden schnell hilfreiche und weniger hilfreiche Ansätze identifizieren.
Ein persönlicher Lernbegleiter, der Verständnis fördert und Übungen anbietet – keine Zukunftsvision, sondern heute schon möglich. Auch im Klassen- oder Kursverbund bestehen große Potenziale allen Lernenden Inhalte verständlich zu vermitteln, Lern- oder Auffrischungsstoff bereitzustellen.
- Einsatzmöglichkeiten von Chatbots im schulischen Rahmen
- Integrationsmöglichkeiten in den Unterricht
- Training, Analyse und Erkenntnisse, die ein Chatbot liefert – und seine Limitierungen
- Perspektiven von Voice-Bots
Die verschiedenen Einsatzbereiche für Chatbots sind in vielen Beiträgen auf dieser Site schon zur Sprache gekommen, ein Bereich fehlt aber noch: der Einsatz im Lernkontext. Kann man einen Chatbot zum Lernen einsetzen? Und wenn ja, wie? Diesen Fragen geht der Beitrag nach. Zielgruppe sind alle diejenigen, die sich mit Vermittlung beschäftigen. Für die Anbieter von Inhalten, Verlage, Plattformen usw., finden sich in einem separaten Beitrag Gedanken, womit ein Chatbot realisiert werden könnte.
Ein wichtiger Aspekt vorab: Chatbots sind weder methodisches Neuland noch ein Wunderding. Sie können, was sie können, und sie erlauben es technisch, andere Vorgehensweisen zu ergänzen oder zu ersetzen. Sie ermöglichen ein dialogisches Herangehen – in etwa so, als könnte man jederzeit jemanden fragen. Genau dieser Ansatz macht sie interessant: Ein Chatbot ist ein Angebot, auf das mit wenig Voraussetzungen zugegriffen werden kann, das aber im Dialog Angebote macht. Und all das auf Wunsch in kuratierter Form.
Außerdem zeichnet sich zumindest für die nähere Zukunft ab, dass „persönliche Assistenz“ im weitesten Sinne einen Beitrag zur Erleichterung des Lernens bzw. zur Verbesserung der Ergebnisse liefern kann. Chatbots können als genau solche Assistenten dienen: Sie bieten Informationen und Erarbeitungsmöglichkeiten an, nehmen Wissen oder Erkenntnisse auf, halten es bereit und stellen es auf Anfrage zur Verfügung.
In einem weiteren Schritt erlauben es Chatbots perspektivisch, Lernerfolge nicht nur zu erkennen, sondern auch Erfolg versprechende Wege zu ermitteln und verstärkt anzubieten. In Verbindung mit Tagging und einer entsprechenden Auswertung können Schwierigkeiten identifiziert und gezielt angegangen werden. Binnendifferenzierung ganz individuell.
Im Bildungskontext ist wichtig, dass Chatbots keinen Lerndialog im engeren Sinne ermöglichen (der Austausch findet nur auf der Basis der vorhandenen Inhalte statt), aber die Chance geben, beim Lernen dialogische Unterstützung zu bekommen. Sie erleichtern also den weitgehend voraussetzungslosen Zugang zu vordefinierten Inhalten (nur lesen und schreiben muss beherrscht werden). Sie setzen die Hürden herab und haben damit emanzipatorischen Charakter. Und: Im Zeitalter immer stärker personalisierter Suchergebnisse ermöglichen sie eine gemeinsame inhaltliche Basis zum Lernen.
Wann Chatbots zu echten Lerndialogen fähig sein werden, ist noch nicht abzuschätzen. Das stark gestiegene Verständnis von KI für natürlichsprachige Eingaben beschränkt sich noch auf recht einfach strukturierte Sätze mit erkennbaren Inhalten oder Intentionen. Und Antworten gibt ein Chatbot auf der Basis seiner Inhalte. Nur wenige Systeme können selbst Antworten erzeugen. Das wäre für den Lernerfolg auch nicht immer nützlich. Aber die KI macht große Fortschritte. Vielleicht kann man schon in ein paar Jahren wirkliche Dialoge mit einem Chatbot führen. Nebenbei: Es gab schon einen technisch durchaus erfolgreichen Versuch von Microsoft dazu. Der wurde aber eingestellt, weil das Antwortverhalten inhaltlich schnell kritisch wurde (s. dazu: https://www.zeit.de/digital/internet/2016-03/microsoft-tay-chatbot-twitter-rassistisch).
In welchem Kontext Lernen mit Chatbots in der Schule stattfindet, ist unerheblich, denn die Möglichkeiten unterscheiden sich dadurch nicht. Gleiches gilt für die Einbindung in Lern-Management-Systeme. Sie ist technisch möglich und in manchen Kontexten auch sinnvoll. Schwerpunkt dieses Texts ist ein Angebot für die Sekundarstufe, darauf beziehen sich auch die Beispiele.
Chatbots kommen dem Ansatz des Micro-Learnings, der kleinen „Lernhäppchen“ sehr entgegen. Dadurch ermöglichen sie das Lernen quasi überall und zwischendurch. Bei entsprechender Planung ist auch kontext- oder situationsgerechtes Lernen möglich, wenn der Chatbot prozessbegleitend eingesetzt wird oder anhand der Eingaben die Konstellation erkennen kann.
Schulisch kann man sich bei kontextgerechten Lerninhalten eine Vielzahl von Möglichkeiten vorstellen, die Einbindung in MS Teams kann ebenfalls überlegt werden. Auf diese Weise lassen sich viele wiederkehrende Fragen sinnvoll beantworten. Häufig wird ein Chatbot aber zunächst mal ein Versuchsballon sein. Dieser Text möchte inspirieren, über Einsatzmöglichkeiten nachzudenken.
Als dialogbasierte Systeme sind Chatbots ideal für den Einsatz von Tablets oder mit Smartphones. Wo eine nicht für Mobilgeräte optimierte Seite kaum noch nutzbar ist, lebt der Chatbot förmlich auf. Wer die Nutzung von Smartphones im Unterricht für sinnvoll hält, wird bestimmt viele Ansatzpunkte entdecken.
Unterscheidet man klassisch zwischen Einführung, Erarbeitung und Vertiefung, kann der Chatbot nahezu überall eingesetzt werden, wobei Vertiefung sicherlich nicht die Paradedisziplin ist. Im Rahmen von Vertiefungsfragen kann der Chatbot wiederum als Wissensspeicher oder Sammler (s. u.) nützlich sein. Was letztlich mit einem Chatbot realisiert werden kann, hängt zu einem großen Teil nur vom Erfindungsreichtum des-/derjenigen ab, der/die ihn einsetzt.
Zum Einstieg kann ein Chatbot knappe, prägnante Informationen liefern oder ein Beispiel. Er kann zusätzlich den Link zu einem Video oder einer Website bereitstellen. Wenn für den Erstkontakt eine überschaubare Informationsmenge im Chatbot ausreicht, kann er in einem Flipped-Classroom-Szenario eingesetzt werden. Die Bereitstellung von Informationen für die wichtigsten oder typischen Fragen ist nicht sehr aufwendig. Großer Vorteil: Alles ist kuratiert. Es besteht keine Abhängigkeit von irgendeinem Suchergebnis (auch wenn das didaktisch gewünscht sein kann).
Soll der Chatbot beim Erarbeiten helfen, braucht es deutlich mehr Input, denn Fragen oder Übungen stehen aktuell nicht chatbotgerecht zur Verfügung. Je nach Schulfach ist der Aufwand unterschiedlich groß und die Präsentation variiert stark. Suchen Sie einen Weg, Fragesätze in einer Fremdsprache zu bilden, kann das ein Chatbot oft sogar akustisch anbieten. Geht es dagegen um die Ableitung von Funktionen, können Sie zwar Aufgaben stellen und Ergebnisse abfragen, aber berechnen kann der Chatbot nichts. Und er kann auch nicht erkennen, ob ein Fehler ein Vertipper oder mathematischer Natur ist.
Über Links können weitere Angebote erreicht und beispielsweise mit Arbeitsaufträgen versehen werden. Zur Kontrolle solcher Aufgaben ist ein Chatbot derzeit kaum geeignet. Er kann eher den Impuls geben und Material bereitstellen.
Aus unserer Sicht eignen sich Chatbots für fast alle Fächer, wenn man sich erst einmal mit den Möglichkeiten vertraut gemacht hat. Ob er Informationen zum Einstieg oder zur Auffrischung anbietet, Übungsmöglichkeiten offeriert oder zum Transfer anregt – es ist wirklich nahezu alles möglich.
In vielen Bereichen kann ein Chatbot lexikalisches Wissen anbieten oder über eine Schnittstelle beispielsweise in Wikipedia oder einer anderen Datenbank mit ansprechbarer API suchen. Natürlich kann man lexikalische Ansätze problemlos über Bücher oder eine Website abbilden, aber ein Chatbot, den Schüler*innen beispielsweise fragen können, „Wer war Alexander der Große?“, liefert einen anderen Zugang als ein Wikipedia-Artikel. Dort hat allein der biografische Teil rund 17 Bildschirmseiten. Außerdem kann ein Chatbot problemlos inhaltlich kuratiert werden.
Wichtig ist, dass Chatbots umfangreichere Informationen nur in kleinen Blöcken vernünftig darstellen können. Damit ist schon der zweite wesentliche Unterschied zu Webseiten benannt: Chatbots sind kurz und knackig. Gibt es mehr zu sagen, muss das nicht nur bereitgestellt, sondern auch leicht erreichbar präsentiert werden.
Da Chatbots keine Navigation anbieten, sollten ergänzende Informationen im Wortsinn „angeboten“ werden. Sie sind sonst nur mit der passenden Eingabe erreichbar. Solche konzeptionellen Fragestellungen sind lösbar, sollten aber im Vorfeld geklärt werden, sonst wird es deutlich schwieriger. Manche Chatbots ermöglichen eine automatische Aufteilung längerer Informationen in chatbotgerechte Happen.
Lernen mit Chatbots in der Schule bedeutet also, Kerninformationen knapp und präzise bereitzustellen und über weitere Dialoge punktuell zu vertiefen. Weitere Informationen können über Eingaben oder über QuickReplies angeboten werden. Je einfacher die Ergänzungen zugänglich sind, desto besser. Und desto öfter werden sie genutzt.
Ideal ist er natürlich als „Wissensspeicher“, in dem sich in Physik alle Formeln, aber eben auch Erläuterungen usw. befinden. Das klappt natürlich auch für nahezu alle anderen Fächer, in denen schnell mal ein Begriff, eine Person, ein Ereignis oder ein Zusammenhang nachgeschlagen werden soll. Im Bereich von Latein oder Französisch könnte er auch zur Formenbildung oder in Latein zur Analyse genutzt oder zum Üben der Formenbildung verwendet werden.
Für Lektüren in allen Sprachen könnte er Informationen zu den Protagonisten, zum Autor / zur Autorin, zu historischen Hintergründen usw. bereitstellen. Das ginge auch innerhalb einer Lerngruppe/Klasse im Verlauf, indem seitens der Lehrkraft weitere Inhalte „freigeschaltet“ werden.
Der Chatbot kann Bilder, Video-Links, Podcasts oder andere Inhalte zugänglich machen. Wichtigster Vorteil: wer ihn „füllt“, legt die Links fest. Das bedeutet nicht, dass keine anderen mehr zum Tragen kommen, sondern nur, dass allen die gleichen Links angeboten werden. Unterschiedliche Suchen mit differierenden Ergebnissen kann man auf diese Weise gut eingrenzen. Zumindest gibt es keine Ausreden mehr. Im Sinne der Medienkompetenz kann man auch andere Suchergebnisse mit dem im Chatbot angebotenen Link (oder mehreren) vergleichen lassen.
Angebote, sich zuhause zu informieren und dann mit Vorwissen in den Unterricht zu kommen, lassen sich mit Chatbots gut realisieren. Ein Chatbot, der auf die oben genannte Anfrage zu Alexander eine Kurzbiografie, einen Link zu einer Karte oder einer Animation zum Herrschaftsbereich sowie Denkanstöße liefert, ist einfacher zu „konsumieren“ als die Lektüre zweier Buchseiten. Allerdings sagt der Chatbot normalerweise nicht, welche(r) Schüler/in ihn benutzt hat. Das wäre zwar technisch machbar, kann in der Schule aber schnell wie Kontrolle wirken. Das muss man wollen. Bei YouTube sieht man das als Lehrkraft allerdings auch nicht.
Die weiterführende Idee von flip the classroom, dass nämlich Schüler*innen selbst Informationsangebote bereitstellen, ist dagegen recht unproblematisch machbar. Die Schüler*innen müssen nur Zugang zum Chatbot bekommen, dann können sie Informationen, Links usw. eintragen. Ob und welche Prüfungen vor der Freischaltung erfolgen sollten, muss vorher bedacht werden.
Je nachdem, was eingeübt werden soll, kann der Chatbot auch dafür genutzt werden. Aus unserer Sicht sollten aber sinnvolle und weniger sinnvolle Ansätze unterschieden werden. Ein Chatbot kann Fragen stellen und die Antworten auswerten – allerdings sollte es sich nicht um längeren Freitext handeln. Besser ist es, Antworten als Single-Choice-Antworten anzubieten oder eher einzelne Wörter oder Ziffern/Buchstaben abzufragen. Damit sind die Möglichkeiten aber noch lange nicht erschöpft.
Im Bereich der Fremdsprachen lassen viele Dinge mit einem Chatbot ziemlich geschickt lösen: Das Üben von Fragen im Englischunterricht, die indirekte Rede in fast allen Fächern, bestimmte Konstruktionsformen – all das ist mit einem Chatbot recht gut lösbar oder auch testbar. Und wenn der Chatbot auch Spracherkennung und Sprachausgabe anbietet (wie beispielsweise Dialogflow), kann man sogar mit Spracheingabe experimentieren.
Überschaubar ist die Eignung in mathematischen Kontexten: Da Chatbots zwar theoretisch mit Eingaben rechnen können, wäre eine wie auch immer geartete Programmierung von Rechenlogik umsetzbar, aber kaum nützlich. Sinnvoller erscheint es, das Erkennen von Zusammenhängen zu üben, zu testen, kleinschrittige Aufgaben zu entwickeln, um über den jeweiligen Zwischenschritt das Verständnis und die benötigten Techniken zu fördern. Für das Üben von 80 quadratischen Gleichungen sind Chatbots nur insofern nutzbar, als sie entweder das Ergebnis prüfen (nur richtig oder falsch, keine Zwischenschritte) oder Unterstützung in Form von Visualisierung anbieten können. Das ist nicht so viel. Auf dem Weg zur Erarbeitung/Einübung der Vorgehensweise kann der Chatbot aber unterstützen.
Die reine Lernerfolgskontrolle per Chatbot hat ihren Platz tendenziell eher beim persönlichen Lernen, wenn es um die Vorbereitung von Tests oder Lernstandskontrollen geht. Wer über einen Chatbot für den Unterrichtseinsatz nachdenkt, macht den Chatbot durch eine Art Vorabtest sicher nützlicher und erhöht die Nutzungsbereitschaft der Schüler*innen. Wenn sich die Aufgaben nicht dramatisch unterscheiden, spricht sich der Nutzen des Vorabtests per Chatbot schnell rum.
In Verbindung mit einem LMS und einer Personalisierung kann der Lernfortschritt nicht nur mit positiven Worten, sondern auch mit Badges oder Levels unterstrichen werden. Darin stecken Potenziale zur Motivation. Von sich aus bieten Chatbots das aber nicht an. Technisch sind Levels umsetzbar, auch ein Bronze-, Silber- oder Gold-Badge kann angezeigt und innerhalb der Nutzungseinheit mitgeführt werden. Recht einfach ist zumindest das Zählen bearbeiteter Aufgaben während der Nutzung, um die Motivation zu erhalten. Auch dabei kann man eine Art „Badge“ mitführen.
Ohne eine Speicherung solcher Daten sind diese Elemente aber nicht dauerhaft vorhanden. Aus unserer Sicht sind Gamification-Ansätze eher etwas für Inhaltsanbieter, das muss keine Lehrkraft einem Chatbot beibringen. Wenn allerdings Ihre Schule bereits über ein LMS verfügt, könnte das genutzt werden. Das hätte auch noch eine Menge anderer Vorteile. Es ist aber für den Chatboteinsatz keine Voraussetzung.
Chatbots müssen nicht quizartig angelegt sein, sie können durchaus adaptive Ansätze und kontextbezogene Strukturen liefern. Die oben skizzierten mathematischen Defizite sind unproblematisch, wenn man beispielsweise Basisinformationen zur Kurvendiskussion hinterlegt. Auf diese Weise kann zwar keine „Rechenleistung“ erbracht werden, aber sowohl Techniken zur Ermittlung von Extremwerten als auch eine Vorstellung vom Kurvenverlauf angeboten werden.
Von sich aus sind Chatbots keine „Lernsysteme“, in denen Aufgaben gestellt, bearbeitet und Lösungen bewertet werden. Sie sind einfach nur Dialogsysteme, deren Fähigkeiten von der Konzeption und der Anbindung an weitere IT-Systeme abhängen. Ihre Kernkompetenz ist das Verstehen der Eingaben und die geschickte Abgrenzung zwischen verschiedenen „Antworten“.
Auch ohne Anbindung an weitere Systemen lassen sich in einem engeren Rahmen adaptive Konzepte entwickeln. So kann beispielsweise in einem strukturierten Ablauf ein Fehler zum Angebot einer weiteren Erläuterung oder einer anderen Übungsaufgabe führen. Welche technischen Möglichkeiten der Chatbot außerdem bereitstellt, ist von Framework zu Framework unterschiedlich. Über die Kontextfunktionalität in Dialogflow ließen sich Informationen zu Schwierigkeitsgraden oder Teilaspekten mitverwalten. Dann würden schwierigere Aufgaben erst angeboten, wenn die einfacheren gelöst wurden.
Ein komplettes adaptives Umfeld, dass beispielsweise die richtige Lösung von zehn Aufgaben hintereinander und dann den „Aufstieg“ in die nächste Schwierigkeitsstufe vorsieht, ist aber mit den meisten Systemen nur mit hohem konzeptionellem Aufwand umsetzbar.
Wenn man Chatbots in Richtung der Lernenden öffnet, können sie zur Bereitstellung wesentlicher Informationen zu einem Thema genutzt werden. Zusätzlich oder alternativ zum Handout werden die wesentlichen Informationen in einem Chatbot abgelegt und stehen allen jederzeit zur Verfügung.
Für die Erstellung solcher Chatboteinträge sind nicht nur Kürze und Prägnanz der Darstellung wichtige Kriterien, sondern auch die Vorabüberlegungen zum Zugriff. Dazu muss man sich auf die andere Seite begeben und mögliche Fragen planen. Das ist eine völlig andere Kompetenz. Im Sinne digitaler Medien und der entsprechenden Erstellungskompetenzen ist das wünschenswert.
Da Chatbots auch Links oder multimediale Inhalte zugänglich machen können, kann ein Referat problemlos um solche Inhalte bereichert werden. Auch spätere Ergänzungen sind möglich, wenn weitere hilfreiche Quellen gefunden werden.
Ermöglicht der Chatbot personenbezogenes Arbeiten (also auf Basis eines Log-Ins oder einer persönlichen Kennung), kann auch über Uploads eigener Links oder Dateien nachgedacht werden. Dann erwächst im persönlichen Chatbot auch ein persönliches Portfolio. Informationstechnische Basics wie Tagging o. ä. erlernt man dann quasi nebenbei. Das bedeutet mehr Aufwand bei der Einrichtung, geht aber im Sinne der Digitalkompetenz einen Schritt weiter.
Wenn Chatbots so ausgelegt werden, dass Nutzer*innen auch Informationen für den persönlichen Zugriff speichern können, sind sie eine gute „Sammelstelle“ für alles, was öfter gebraucht wird. Daneben können sie auch situationsbezogene Daten aufnehmen. Das können Zwischenergebnisse sein oder auch Informationen zu einem Ereignis, Internet-Links usw. In vielen Bereichen, in denen Lernerfolgskontrollen stattfinden, stellen Chatbots eine nützliche Alternative dar. Das geht dann über das reine Lernen deutlich hinaus.
Da Chatbots auf die Eingaben reagieren, geben sie immer auch Feedback. Daraus ergeben sich gerade in kleinschrittigen Lernkonzepten viele Möglichkeiten zu loben. Werden die Aufgaben komplizierter, sollte das auch der Feedbacktext reflektieren. Die Integration von Icons oder Emojis ist bei vielen Chatbots unproblematisch.
Generell kann dieselbe Frage mehrfach eingegeben werden. Der Chatbot wird nicht ungeduldig. Verwendet man den Chatbot zur „Abfrage“ im weiteren Sinne, kann er auf richtige oder falsche Eingaben reagieren. Damit aber nicht immer dieselbe Reaktion erfolgt, sollten die Antworten in unterschiedlicher Formulierung mehrfach vorhanden sein. So kommt nicht immer das gleiche Lob. Auch der Lernfortschritt klingt schnell weniger hölzern, wenn er mit unterschiedlichen Sätzen kommuniziert wird.
Chatbots sind als Dialogsysteme stark in Dialogen. Das kann man sich auf zwei Ebenen zunutze machen: in der Beantwortung von Fragen durch den Chatbot oder in der Beantwortung von Fragen seitens des Chatbots. Dieses „Umdrehen“ des Chatbots ermöglicht je nach fachlichem Rahmen didaktisch interessante Lösungen.
Allerdings haben Chatbots zumeist keine Möglichkeit, beispielsweise die Reihenfolge von Fragen zu verändern. Damit kämen Vokabeln o.ä. immer in derselben Abfolge, was nicht sinnvoll ist. Um einem Chatbot mehr Flexibilität zu ermöglichen, kann die entsprechende Logik aus einem CMS kommen. Das CMS könnte auch bereits gelernte und erfolgreich beantwortete Inhalte von nicht oder falsch bearbeiteten unterscheiden. Der Chatbot ist dann nur eine Zwischeninstanz.
Chatbots tun sich außerdem bei Vertippern schwer. Das bedeutet, dass die Eingabemöglichkeiten entweder bewusst eng gefasst werden müssen oder verschiedene, auch falsche Schreibweisen ermöglicht werden. Das ist oft nicht erwünscht.
Kontextgerechte Reaktionen des Chatbots sind nicht ganz einfach zu realisieren: Versteht der Chatbot eine Eingabe nicht, nutzt er normalerweise den Default Fallback. Der ist aber eher allgemein gehalten. Kontextgerechte Fallback-Reaktionen sind umsetzbar, brauchen aber passende Strukturen und bedeuten mehr Aufwand.
Chatbots sind trainierbar, das bedeutet, man kann Verständnisschwierigkeiten beheben. Allerdings sind sie nie „fertig“, sondern immer nur auf einem Stand, der morgen schon wieder unzureichend sein kann. Dieses Training muss bei allen Überlegungen zum Einsatz eingeplant werden. Wer es übernimmt, lässt sich variieren: im schulischen Umfeld kann das durch die Lehrkraft erfolgen. Genauso können aber Schüler*innen, die ein Referat gehalten haben, im Nachgang „ihren“ Bereich übernehmen.
Das Training ist zeitlich nicht besonders aufwendig. Wenn man den Chatbot aber nicht als einmalige Aktion sieht, sondern mit dem Konzept plant, zahlt sich das Training schon im nächsten Schuljahr aus. Der Chatbot wird jedes Jahr besser. Wie das Training mit Dialogflow funktioniert, finden Sie in diesem Beitrag.
Ein wesentlicher Vorteil gegenüber anderen Medien ist, dass Chatbots direkt Feedback abfragen können. Ob das Feedback in der Unterscheidung „hilfreich“ / „nicht hilfreich“, einer Sternebewertung oder einer Freitextrückmeldung besteht, ist egal. In jedem Fall lassen sich nützliche und weniger nützliche Inhalte recht bald unterscheiden. Die eingebauten Analysetools ermöglichen tiefere Einblicke.
Wichtig ist dabei, dass das Feedback tatsächlich zur Verbesserung genutzt wird. Auch wenn Schüler*innen der neunten Klasse nichts mehr davon haben, wenn die Inhalte für das nächste Jahr verbessert werden. In der Perspektive bedeuten Chatbots eine große Chance, das Lernen täglich ein bisschen zu erleichtern.
Daneben ermöglichen es die integrierten Analysemöglichkeiten, schnell besonders attraktive oder eben unattraktive Lerninhalte zu erkennen. Worin die Attraktivität bestehen mag, kann der Chatbot nicht ermitteln, aber aus dem Ablauf der Konversation können Schlüsse gezogen werden.
Und auch Kombinationen aus abgefragtem Feedback und dem Resultat angeschlossener Verständnisfragen oder Übungen sind denkbar. Die Wirksamkeit der Inhalte kann also sowohl subjektiv wie objektiv ermittelt werden.
Natürlich kann mittels des Chatbots auch zum Abschluss einer Lerneinheit Feedback eingeholt werden. Was war gut, was hat weniger Spaß gemacht, welche Themen kamen evtl. zu kurz. Solches Feedback sollte nicht personalisiert sein.
Wenn ein Chatbot ein Thema oder eine Reihe begleitet und als Informationsspeicher dient, fallen natürlich Fragen der Schüler*innen an. Diese Frage lassen sich für die Verbesserung des Unterrichts oder der Inhalte auswerten. Was wird besonders oft gefragt, obwohl es Thema einer Stunde oder eines Arbeitsblatts war? Wo wird im Unterricht vermitteltes Wissen kaum noch nachgefragt. Lehrkräfte bekommen auf diesem Weg einen guten Einblick in die eigene Wirksamkeit. Und sie können beim nächsten Mal Dinge verändern und prüfen, ob der Chatbots das widerspiegelt.
Genauso können aber auch kluge Fragen den Einstieg in die nächste Stunde darstellen oder eine Vertiefung einleiten. Anhand der Bandbreite der Fragen kann man recht gut feststellen, was gut geklappt hat und was nicht. Natürlich sind das nicht alle Schüler*innen, aber man sieht, was angekommen ist.
Eine Frage braucht eine Antwort – und wer beim Lernen nicht weiterweiß, fragt. Wäre es nicht großartig, wenn in vielen Lernkontexten ein Chatbot direkt eine hilfreiche Auskunft gibt? Wäre es nicht praktisch, wenn gute Darstellungen mit wenig Aufwand noch besser werden würden. Ein Chatbot ist offener als jedes Buch, leicht anpass- und erweiterbar. Die Pflege ist weniger aufwendig als bei irgendwelchen Powerpoints o.ä.
Schon heute besteht eine Kernkompetenz im Arbeitsleben darin, neue Informationen rasch situationsgerecht zu verarbeiten. Informationen kann ein Chatbot fast perfekt bereitstellen. Und dank der technischen Basis nimmt er auch jeden Tag dieselbe Frage desselben Menschen nicht persönlich.
Und schon heute wäre es möglich, Chatbots so zu konzipieren, dass sie helfen, individuelle Stärken und Schwächen zu erkennen und passende Angebote zu machen. Wer Probleme bei Brüchen hat, bekommt mehr Aufgaben, aber auch die passenden Erläuterungen dazu. Wer „since“ und „for“ nicht richtig verwendet, bekommt’s noch einmal anders erklärt. Notfalls auch mehrfach und unterschiedlich. Persönliche Lernassistenten auf Bot-Basis können jeden fördern und unterstützen – individuelle Lernbegleitung für alle.
Technisch stellen Chatbots eine günstige und flexible Möglichkeit dar, Inhalte skalierbar bereitzustellen und aktuell zu halten. Mit passender Konzeption lassen sie situationsgerechtes Lernen genauso zu wie kleine Lerneinheiten zwischendurch oder in der S-Bahn. Das sind großartige Aussichten für mehr Lernerfolg.
Aufgrund der dialogischen Ansätze sind Chatbots weniger aufwendig in der Entwicklung und Wartung als beispielsweise Apps, die je nach Betriebssystem unterschiedlich aussehen und regelmäßig angepasst werden müssen. Inhalte kann jeder bereitstellen, der mit einer Textverarbeitung umgehen kann. Den didaktischen sinnvollen Aufbau beherrschen Lehrende sowieso.
Aktuell sind Skills für Alexa nur in überschaubarem Maß zum Lernen vorhanden bzw. geeignet. Sie bieten sich an, wenn es um akustische Ansätze geht, sind aber oftmals noch nicht für echtes Dialogverhalten geeignet. Jeder, der einmal so einen Assistenten genutzt hat, kann Geschichten vom Unverständnis erzählen. Von Dialekt oder Nuscheln ganz zu schweigen.
Dennoch bietet es sich an, verschiedene Konstellationen zu betrachten: Für den Einzelnen ist die Spracheingabe sicher einfacher als die (virtuelle) Tastatur, in einer Lerngruppe sieht das schon anders aus. Sprachausgabe ist ebenfalls eher etwas für individuelles Lernen in einem begrenzten Raum als für die Bushaltestelle.
Solange Sprachen gelernt werden, ist es sinnvoll, Sprachein- und -ausgabe zu verwenden – sofern der Chatbot die nötige Qualität liefern kann. Vorgehensschritte in verschiedenen Fächern können möglicherweise auf „Zuruf“ abgefragt werden. Für umfangreichere Informationen – und sei es auch nur die Kurzbiografie Alexanders des Großen – ist Sprachausgabe wegen der begrenzten Merkbarkeit eher zweite Wahl. Und im naturwissenschaftlichen Kontext sehen wir die Möglichkeiten weniger im „Vorsprechen“ einer Formel als im Angebot, diese gleich für eine Berechnung zu nutzen. Dafür sind Chatbots viel eher prädestiniert als Voice-Bots.
Wenn dieser Beitrag Ihr Interesse an einer spannenden Technologie und ihren Möglichkeiten innerhalb der Schule geweckt hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Gibt es an Ihrer Schule eine Informatik-AG, wären das vielleicht gute Ansprechpartner für die ersten Gehversuche. Solange keine anderen Systeme integriert werden müssen, ist das Frage-/Antwortkonzept nicht zu kompliziert. Und leistungsfähige Chatbot-Frameworks (Plattformen, die die Erstellung von Chatbots ermöglichen) gibt es ohne zusätzliche Kosten. Wenn sich mehrere aus einem Kollegium zusammentun, ist eine Art Basis-Chatbot auch ohne Informatik-AG möglich. Die „Befüllung“ bekommt jeder hin, der mit einer Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation umgehen kann. In den anderen Beiträgen finden Sie viele nützliche Informationen.
Zum Start genügt ein Chatbot, der auf Fragen mit Informationen antwortet. Das ist vergleichsweise einfach und bietet auch die Möglichkeit, Schüler*innen einzubeziehen. Mit der Zeit werden Sie immer mehr Ideen entwickeln, was mit dem Chatbot noch gemacht werden könnte. Die Lernkurve ist recht steil, versprochen.
Alternativ können Sie auch den wichtigsten Verlag für Ihre Unterrichtsmaterialien darauf ansprechen, ob er nicht Inhalte in Chatbot-Form bereitstellen möchte/kann.
- Informationsworkshops zu Chatbots und ihren Möglichkeiten
- Unterstützung bei der Konzeption von Chatbots
- Integration des Chatbots in LMS oder CMS
- Analyse und Training von Chatbots
Martin Koch – Kontakt aufnehmen